s gibt keinen Weg.
Die mächtigen Felsen der
Berchtesgadener Alpen fallen
fast senkrecht zum Ufer des
Königssees hinab, der an seiner
tiefsten Stelle 192 Meter misst.
Wer die beeindruckende Natur-
kulisse rund um den bekanntesten
Gebirgssee Bayerns
entdecken möchte, muss das
Boot nehmen – und wird das
Echo hören.
Denn das ist obligatorisch und
gehört zur Königsseeschifffahrt
wie die leisen Elektromotoren,
mit denen die Flotte ausgestattet
ist. Dank Prinzregent
Luitpold übrigens, der Angst
hatte, dass das Rotwild in seinem
Lieblings-Jagdrevier Reißaus
nehmen könnte. Gegen
die lauten Böllerschüsse, mit
denen das Echo bis in die 1930er
Jahre siebenmal von Wand zu
Wand über den See geschickt
wurde, hatte der Prinzregent
nichts einzuwenden.
Romantik pur
Inzwischen ersetzte man den
Böllerschuss durchs Flügelhorn,
dessen Weisen einmal von
der gegenüberliegenden Felswand
zurückgeworfen werden.
Und immer anders klingen. „Je
nachdem, wer gerade bläst“,
sagt Florian Hallinger, der für
die Königsseeschifffahrt arbeitet
wie auch schon sein Vater
und sein Großvater. „Und
wie das Wetter ist.“ Ein besonderes
Vergnügen für Hallinger
ist es, wenn er das Flügelhorn
auf abendlichen Sonderfahrten
blasen kann. „Das ist Roman-
tik pur“, sagt der Berchtesgadener,
der immer so lange wie
möglich bläst, ohne dabei den
Zeitplan zu gefährden.
Eine halbe Stunde dauert die
Fahrt bis zur Halbinsel St.
Bartholomä, hinter der die ehr-
furchtgebietende Watzmann-
Ostwand aufragt. Neben der
dem heiligen Bartholomäus ge-
widmeten barocken Wallfahrts-
kirche – mit ihren berühmten
weinroten Zwiebeltürmen eines
der weltweit meistfotografierten
Motive – locken ein Ab-
stecher ins königliche Jagd-
schloss, in dem heute eine ty-
pisch bayerische Gaststätte
nebst Biergarten zum Verweilen
einlädt oder zum Fischer vom
Königssee, der Forellen, Saiblinge
und Renken in der 400
Jahre alten Räucherkammer zu
edlen Leckerbissen verwandelt.
Man kann aber auch mit dem
Nationalpark-Ranger in die sel-
tene Tier- und Pflanzenwelt der
Halbinsel vordringen.
Deutschlands
höchster
Wasserfall
In weiteren 20 Bootsminuten ist
die Haltestelle Salet erreicht,
das hintere Ende des acht Kilo-
meter langen Königssees.
Atemberaubend liegt hier der
Obersee, der einst durch eine
Moräne vom Königssee getrennt
wurde. Von seinem südlichen
Ende sind es etwa 30 Gehminuten
zum Röthbach-Wasserfall,
dem höchsten seiner Art in
Deutschland: Über 400 Meter
stürzen die Wassermassen die
Felsen hinab.
Blick vom Königssee über die Salet-
Alm zum Röthbach-Wasserfall
Bilderbuchblick
von oben
Wanderer steigen bei der Bedarfshaltestelle
Kessel aus. Wer
über eine gute Kondition verfügt,
macht sich von hier auf
den Weg zur Königsbachalm
(1.200 Meter) und weiter zur
Gotzenalm (1.685 Meter). Diese
Tour gehört zu den absoluten
Wander-Klassikern im Berchtesgadener
Land, nicht zuletzt
wegen des traumhaften
INTERESSANT
BOOTFAHRENDE
KÜHE
Nicht nur Urlauber
schippern über den
Königssee, auch die
einheimischen Kühe. Alljährlich
im Frühsommer
treten sie die Bootsreise
zu den saftigen Almen
im Nationalpark an, um
im Herbst wieder übers
Wasser in die heimischen
Ställe zurückzukommen.
Wenn sie wieder festen
Boden unter den Hufen
haben, werden sie
geschmückt – selbstverständlich
nur, sofern
die Saison über nichts
passiert ist. Wer sich
den ungewöhnlichen
Almabtrieb anschauen
möchte, hat Anfang
Oktober Gelegenheit
dazu.
E
PRINZREGENT
LUITPOLD
führte bereits die
Elektomotoren an den
Schiffen ein
Panoramas, das vom flachen
Hochkönigsplateau über die
Pyramide der Schönfeldspitze
bis zur gegenüber aufragenden
Watzmann-Ostwand reicht.
Getoppt wird diese nur noch
von der wenige Meter höher
liegenden Aussichtskanzel des
Feuerpalfen (1.700 Meter): mit
einem Bilderbuchblick auf den
türkis schimmernden Königs-
see und die Zwiebeltürme von
St. Bartholomä.
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